Die 2020er-Jahre wollen wir zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie Infrastruktur, machen. Wir verfolgen dazu eine Politik, die die Investitionen – privat, wie öffentlich – deutlich erhöht.
Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP.
Mit einem „Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen“ will die Ampel-Koalition den gewaltigen Herausforderungen Rechnung tragen, mit denen Deutschland und die Welt in den 2020er-Jahren – absehbar auch weit darüber hinaus – konfrontiert sind. Der Klimawandel gefährdet elementare Lebensgrundlagen, die Folgen der langanhaltenden Corona-Pandemie belasten noch immer viele Menschen und Unternehmen. Zugleich beeinflussen die Digitalisierung und der demografische Wandel Wirtschaft und Gesellschaft auf verschiedensten Ebenen. Mittlerweile ist darüber hinaus durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine eine Bedrohung des Friedens in Europa und der Welt hinzugetreten, die bei Abschluss des Koalitionsvertrages in dieser Form noch gar nicht absehbar war.
Dr. Martin Vosseler, Geschäftsführer des BDL:
Wir stimmen mit der Koalition überein, dass Investitionen der Schlüssel dafür sind, die großen aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und die damit zukünftig verbundenen Chancen zu nutzen. Die Leasing-Branche wird die anstehenden Transformationsprozesse von Wirtschaft und Gesellschaft aktiv begleiten und einen bedeutenden Teil der dazu erforderlichen Zukunftsinvestitionen realisieren. Zentrale Voraussetzung dafür ist jedoch ein investitionsfreundliches steuerliches Umfeld, das Leistungsbereitschaft fördert und unternehmerisches Engagement belohnt.
Betrachtet man vor diesem Hintergrund die steuerpolitischen Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, so zeigt sich ein ambivalentes Bild. Das wichtigste Verhandlungsergebnis steht dabei gerade nicht im Koalitionsvertrag: Die von SPD und Grünen im Wahlkampf vehement geforderten Steuererhöhungen, einschließlich der Wiedereinführung einer Vermögensteuer, sind vom Tisch. Hier hat sich die FDP durchgesetzt. Bereits in den Sondierungsergebnissen wurde festgehalten, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöht werden. „Im Interesse investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen ist dies uneingeschränkt zu begrüßen“, so Vosseler weiter.
Die Kehrseite der Medaille sei, dass der Koalitionsvertrag auch keine steuerlichen Entlastungen enthalte, wie sie von allen drei Koalitionsparteien in den Wahlprogrammen – zumindest für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen – angekündigt wurden. Hier bleibt der Status quo weitgehend unberührt. Zu einer Entlastung „durch die Hintertür“ könnte es möglicherweise noch kommen, falls das dazu angerufene Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags feststellt. Dieser wurde von der Vorgängerregierung bekanntlich nur zum Teil abgeschafft und führt gerade bei unternehmerisch tätigen Steuerpflichtigen oft zu erheblichen Zusatzlasten.
Investitionsprämie für Klimaschutz
Mit Spannung erwartet die Wirtschaft die von den Koalitionären zunächst für die Jahre 2022 und 2023 in Aussicht gestellte Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter. Diese auch als „Superabschreibung“ bezeichnete befristete Maßnahme soll Wirtschaftsgütern zugutekommen, die in besonderer Weise dem Klimaschutz oder der Digitalisierung dienen. Mittlerweile hat Bundesfinanzminister Christian Lindner angekündigt, das Vorhaben angesichts aktueller Lieferengpässe bei der Beschaffung von Investitionsgütern erst später einzuführen. Wie die Prämie im Detail ausgestaltet wird, ist noch unklar. Dies betrifft sowohl die Abgrenzung der begünstigten Investitionen als auch die Frage einer Gewährung etwa als Prämienzahlung oder als Minderung der Steuerbemessungsgrundlage. Ferner dürfte die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen.
Aus Sicht des BDL wird es entscheidend darauf ankommen, dass die Investitionsprämie auch für Leasing „funktioniert“.
Rainer Steinbach, Vorsitzender des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL:
Die Erfahrungen mit der 2021 per Verwaltungserlass eingeführten steuerlichen Sofortabschreibung digitaler Wirtschaftsgüter zeigen, dass ‚gut gemeint‘ nicht immer gleichbedeutend mit ‚gut gemacht‘ ist. Die mit heißer Nadel gestrickte Umsetzung des – grundsätzlich durchaus zu begrüßenden – Vorhabens hat weit über die Leasing-Branche hinaus zu großer Verunsicherung geführt. Während der BDL leasingspezifische Aspekte im Dialog mit der Finanzverwaltung mittlerweile klären konnte, sind grundsätzliche Anwendungsfragen weiter offen. Gegenwärtig bleibt zumindest eine Restunsicherheit ob und unter welchen Voraussetzungen die Sofortabschreibung überhaupt anerkannt wird.
Dr. Vosseler ergänzt: „Ganz generell überrascht die Neigung der Politik, steuerliche Investitionsanreize mit immer neuen und zum Teil unnötig komplizierten Maßnahmen umsetzen zu wollen. Denn mit der degressiven AfA steht ein erprobtes, einfaches und wirkungsvolles Instrument zur Verfügung, das sich perfekt in die grundlegende Systematik der steuerlichen Gewinnermittlung einfügt.“
Der degressive Abschreibungsverlauf spiegele den tatsächlichen Werteverzehr der allermeisten Investitionsgüter am zutreffendsten wider. Er garantiere deshalb in optimaler Weise eine faire Besteuerung investierender Unternehmen nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Die degressive AfA dürfe dabei nicht als kurzfristige konjunkturpolitische Subventionsmaßnahme missverstanden werden, sondern sollte als die wohl sachgerechteste aller Abschreibungsmethoden dauerhaft zur Verfügung stehen.
Fazit
„Die Regierungskoalition weiß um die elementare Bedeutung privater Investitionen zur erfolgreichen Gestaltung des Transformationsprozesses und ist erkennbar um förderliche steuerliche Rahmenbedingungen bemüht. Angesichts der Größe der Herausforderungen, vor denen Wirtschaft und Gesellschaft stehen, bedarf es jedoch noch mutigerer Schritte. Die im Zuge des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes vorgesehene Verlängerung der degressiven AfA um ein Jahr greift zu kurz – sie sollte dauerhaft gewährt werden. Der Verzicht auf Steuererhöhungen ist zwar zu begrüßen, kann jedoch die zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dringend gebotenen steuerlichen Entlastungen nicht ersetzen. Eine grundlegende Reform der Unternehmensbesteuerung gehört auf die Agenda. Kurzfristig sollten zumindest substanzbelastende Faktoren wie die Besteuerung von Kostenelementen im Rahmen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen zurückgeführt werden", fasst Dr. Martin Vosseler zusammen.